Kanton ZH: Delegationsnormen – was gilt es zu beachten?
Nach dem inzwischen nicht mehr ganz so neuen Gemeindegesetz (GG) regelt der Gemeindevorstand die Organisation der Verwaltung in einem Behördenerlass. Die Gemeindeordnung muss nur noch die Grundzüge der Organisation enthalten (§ 4 GG). Der Gemeinderat (aber auch eine eigenständige Kommission) kann einzelnen Mitgliedern oder Ausschüssen Aufgaben zur selbstständigen Erledigung übertragen (§ 44 GG). Dasselbe gilt für die Aufgabenübertragung an Gemeindeangestellte (§ 45 Abs. 1 GG). Die Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse werden in einem Erlass festgelegt (§ 45 Abs. 2 GG).
Die Gemeinden legen danach zunächst in der Gemeindeordnung fest, welche allgemeinen Kompetenzen und welche Finanzkompetenzen der Gemeinderat überhaupt delegieren darf. Basierend darauf beschliesst der Gemeinderat ein Organisationsreglement, in welchem umschrieben wird, wer welche Kompetenzen hat. Dieses Organisationsreglement regelt Delegationen und damit Entscheidungsbefugnisse in generell abstrakter Weise und zeitlich unbeschränkt. Das Organisationsreglement ist ein sogenannter Behördenerlass und hat Rechtssatzcharakter.
Unter Umständen deckt das Organisationsreglement aber nicht alle möglichen Konstellationen ab. Der Gemeinderat muss in solchen Fällen entscheiden, ob er das Organisationsreglement anpasst oder ob er für den zu regelnden Einzelfall einen einfachen Beschluss fällt. Dabei muss der Gemeinderat abwägen: Welchen Umfang und welche Bedeutung hat die Delegation? Trifft sie auf wenige Einzelfälle zu? Soll sie nur für ein bestimmtes Projekt gelten? Oder gibt die Behörde damit die Entscheidbefugnis auf unbeschränkte Dauer ab?
Wenn die Delegation von Entscheidbefugnissen zeitlich unbeschränkt und für eine unbeschränkte Vielzahl von Fällen erfolgen soll, hat dies eine weitreichendere Bedeutung, z. B. für eine Vielzahl von Verfügungsadressaten oder für die Ausgaben der Gemeinde. Es braucht darum eine generell-abstrakte Regelung in einem Behördenerlass. Handelt es sich um zeitlich beschränkte und konkrete Delegationen, genügt ein formeller Beschluss der Gesamtbehörde, in welchem Aufgaben und Entscheidbefugnisse klar definiert werden.
Trotz der Unterscheidung gilt: Der Gemeinderat (die Behörde) ist selbst zur Beschlussfassung über die Delegation zuständig. Wenn allerdings das Organisationsreglement geändert werden muss, ist die Änderung mit Rechtsmittelbelehrung zu publizieren und nach Ablauf der Rechtsmittelfrist muss das angepasste Organisationsreglement in die systematische Rechtssammlung der Gemeinde aufgenommen werden. Bei einem einfachen Beschluss kann auf die Publikation und die Aufnahme in die Rechtssammlung verzichtet werden.
Die korrekte Regelung der Entscheidbefugnis ist sowohl für die Gemeinde als auch für die Entscheidempfänger/innen von Bedeutung: Bei sachlicher und funktioneller Unzuständigkeit der Behörde oder der entscheidenden Person leidet die Verfügung an einem schwerwiegenden Mangel. Je nach Ansicht ist eine solche Verfügung nichtig oder anfechtbar. So oder so kann sie nicht durchgesetzt werden; der/die Verfügungsadressat/in muss nicht danach handeln.
Vgl. zum Ganzen Entscheid des Verwaltungsgerichts Zürich VB.2021.00575 vom 8. Juni 2022